aus: Patterns. Muster in Design, Kunst und Architektur

Annette Tietenberg

„Is it a flag or is it a painting?“ Mit den rot-weiß-blauen Stars and Stripes, die der amerikanische Künstler Jasper John in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts in Enkaustiktechnik auf die Leinwand brachte, setzte eine kunstphilosophische Debatte um das komplizierte Verhältnis von Vorbild und Abbild, von Bild und Objekt ein, die bis heute nicht zu einem Abschluss gekommen ist. Besonders erhitzte es die Gemüter, dass nicht zu entscheiden war, ob es sich bei der gemalten Flagge um ein abstraktes oder um ein gegenständliches Bild handelte. Dass diese Frage noch immer mit Gewinn gestellt werden kann, beweisen die Bilder von Jochen Twelker. Was zunächst wie eine mit Bedacht arrangierte Ansammlung von Streifen, Karos und Blumenmustern wirkt, erweist sich bei näherem Hinsehen als die ausschnitthaft vergrößerte Darstellung einer Gruppe von Menschen, die allesamt gemusterte T-Shirts und Hemden tragen. Oder als Tunnelblick in einen Kleiderschrank. Oder als unerwartete Begegnung mit einem Grabbeltisch, auf dem sich Stoffe unterschiedlichster Art tummeln. Oder als Blick auf betende Moslems, die bunte Fussballtrikots übergestreift haben. Jochen Twelker macht das Unmögliche möglich: Seine Malerei ist flächig und plastisch, abstrakt und gegenständlich, populär und selbstreflexiv, ernst und heiter zugleich.

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Patterns. Muster in Design, Kunst und Architektur

 

mit Texten von Elke Keiper und Stefanie Kreuzer

Hrsg.: Annette Tietenberg, Ralf Wollheim, Petra Schmidt
Birkhäuser Verlag, 2005
ISBN 13-987-3-7643-7185-2